Aufstiegswettkämpfe

in Nellingen (15.12.2001)

Heidelberger Kunstturner in die 1. Bundesliga aufgestiegen

Revanche gegen Südrivalen TSV Monheim geglückt - Sergej Vjalzev mit 9,50 Punkten wieder bester Ringeturner

Nellingen (br) Samstagabend 21.12 Uhr. Unbeschreibliche Freude unten in der Sporthalle 1 des Nellinger Schulzentrums und nicht minder bei der lautstarken Heidelberger Fan-Gemeinde einige Meter darüber auf der gut gefüllten Tribüne. Soeben hat Sergej Vjalzev als letzter Turner den doppelten Strecksalto-Abgang in den bombensicheren Stand gesetzt und damit den erträumten Aufstieg der Kunstturngemeinschaft Heidelberg in die 1. Liga Wirklichkeit werden lassen, sozusagen als spätes aber ungemein kostbares Geburtstagsgeschenk zum 10-jährigen Bestehen des 1991 gegründeten Vereins. Die Heidelberger stellten beim Ligafinale 2001 im württembergischen Ostfildern mit 197,90 Punkten als Mannschaftsergebnis erneut eine Saisonbestleistung auf und schnappten damit dem bayerischen Ligarivalen TSV Monheim (194,20 P.), gegen den es noch vor 2 Wochen eine Heimniederlage gegeben hatte, den zweiten Aufstiegsplatz vor der Nase weg. Übertroffen wurde das Heidelberger Endresultat lediglich von der KTV Straubenhardt, die als mitqualifizierte Erstliga-Absteigerin mit überlegenen 204,05 Punkten die Chance zum sofortigen Wiederaufstieg wahrte. Ein glänzend disponierter Alexej Grigoriew war als bester Einzelturner des Abends (53,00 P.) Garant für den Straubenhardter Gesamtsieg.

Der Umstand, dass die KTG Heidelberg und der TSV Monheim in derselben Riege turnten, ermöglichte von Anfang an beste Vergleichsmöglichkeiten. Die Heidelberger erwischten einen Start nach Maß am Boden, wo Tim Tremmel, der amtierende deutsche Jugendmeister an diesem Gerät, erstmals in der Saison für seine vielfältigen Sprung- und Schraubenvariationen mit einer glatten 9,00 bedacht wurde. Da bei Sergej Vjalzev (8,70 P.), Vitalij Saifullin (8,65 P.) und Sebastian Windisch (8,25 P.) auch alles wie am Schnürchen lief, ging es mit einem knappen halben Punkt Vorsprung ans Seitpferd, oft zu recht als "Zittergerät" apostrophiert. Heidelberg zitterte allerdings im Wert von genau 8 Zehntelpunkten weniger als die Monheimer Kontrahenten und hatte in Vjalzev (8,95 P.) und Saifullin (8,25 P.) seine besten Akteure an den Pauschen. Insgesamt etwas schwierigere, dafür technisch schwächer dargebotene Übungen zeigten die Bayern an den Ringen, was von den Kampfrichtern nicht immer angemessen festgehalten und zu Papier gebracht wurde. Da musste schon die so unglaublich kraftraubende und dabei fast spielerisch wirkende Kür von Vjalzev her, um den Juroren eine 9,5 zu entlocken, mit der sich die KTG um weitere 8 Zehntel von Monheim absetzen konnte.

Ein Plus von 2,05 Punkten zur Halbzeit - das musste es doch eigentlich gewesen sein. Zwischenzeitlich hatte es sich auch herausgestellt, dass die beiden als ebenbürtige Widersacher aus dem Norden eingestuften Vereine TuS Leopoldshöhe und SC Potsdam wohl auf Grund personeller Engpässe im Kampf um den Aufstieg aufgegeben hatten.

Saifullins und Tremmels Standprobleme beim Pferdsprung ließen die Sorgenfalten auf Mannschaftsführer Markus Wellenreuthers Stirn wieder etwas tiefer werden, nachdem wenige Minuten zuvor der Jubel über Vjalzevs 9,30 P. für einen Handstützüberschlag mit nachfolgendem Doppelsalto vorwärts in den Stand kaum abebben wollte. Der Heidelberger Vorsprung schmolz auf 1,60 Punkte zusammen. Die Dramaturgie der letzten beiden Geräte ist rasch kommentiert. Die Monheimer Mannschaft leistete sich zwei verpatzte Übungen am Barren im tiefen Siebenerbereich und hatte auch keinen so genannten Joker aufzubieten, der die Missgeschicke zumindest teilweise hätte bereinigen können. Die KTG hingegen blieb nahezu fehlerfrei. So war vor dem abschließenden Reckturnen der Vorsprung so uneinholbar groß geworden, dass es nun am Aufstieg der jungen Heidelberger keine Zweifel mehr gab. Tim Tremmel beherrschte das Königsgerät am sichersten und kassierte 8,10 Punkte.

So wird das KTG-Team bereits im kommenden Frühjahr wieder ins turnerische Geschehen eingreifen müssen, und dies - wie erhofft - erstmals an alleroberster Stelle. Die Tatsache dass der Bundesligaabsteiger Straubenhardt ein um 6 Punkte höheres Endergebnis zu verzeichnen hatte, macht allerdings deutlich, dass die Trauben in der 1. Kunstturn-Bundesliga doch in schwindelerregender Höhe hängen und dass die Vorbereitung auf die erste Saison im Oberhaus des Kunstturnens am Neckar ausgesprochen gründlich verlaufen muss, da es sonst für die KTG-Truppe wenig zu pflücken geben wird.

Bernd Roy